Wie alles begann
Es war Ende Juli 2023, ein Freitag Abend, wo ich in der Dusche stand und per Zufall auf meine rechte Brust griff und eine breite und harte Verhärtung spürte, die ich bis dato noch nicht wahrgenommen hatte. „Was ist das denn?“, dachte ich mir. Neugierig und doch schon etwas skeptisch drückte ich von allen Seiten auf dem unerklärlichen Etwas herum und gab mich dann kurzfristig damit zufrieden, dass es sich wohl noch um ein „Überbleibsel“ vom Abstillen handeln wird.
Doch diese Gewebeverhärtung ließ mir keine Ruhe und ich zog meinen Mann zu Rate. Er meinte, ich solle es zur Sicherheit abklären lassen. Das Wochenende stand vor der Tür und ich konnte also für nun weder meine Frauenärztin erreichen, noch sonst jemanden fragen, was das sein könnte. Also musste ich mich bis Montag gedulden. Das Wochenende war geprägt von Achterbahn der Gedanken und Gefühle: „Was wird das wohl sein? Brustkrebs oder hängt es doch mit dem erst kürzlich vollzogenen Abstillen zusammen. Ah, das wird schon passen.“
Der Brustultraschall
Montag morgens rief ich gleich bei meiner Frauenärztin an und bat um einen schnellen Termin zur Abklärung. Dankenswerterweise nahm sie mich sofort dran. Auch sie inspizierte die Gewebeverhärtung und meinte, dass sie mich ins Radiologieinstitut für einen Ultraschall überweise, um dem Ganzen nachzugehen. Noch am selben Tag bekam ich einen Termin zum Brustultraschall. Im Wartezimmer saß ich wieder da. Mit zittrigen Händen und Beinen. Fragte mich, was ich eigentlich hier soll und ob ich im falschen Film bin. Ich konnte gar nicht glauben, was da gerade passiert.
„Frau Nußdorfer – Zimmer 3“ klang es aus dem Lautsprecher. Ich sprang auf und ging ins Untersuchungszimmer. Die Ärztin machte den Ultraschall und hier konnte man das erste Mal sehen, was sich hier in meiner Brust versteckte. Ein Knubbel, ein Knoten, vielleicht ein bösartiger Tumor oder doch ein Fibroadenom?
Die Ärztin sagte, dass man nicht genau sagen könnte, ob es gut- oder bösartig ist. Klarheit könnte nur eine Biopsie bringen. Ich solle mir eine Überweisung für’s ein spezialisiertes Brustzentrum holen.
Ich bekam einen Befund mit, wo ich das erste Mal mit unerklärlichen Buchstaben konfrontiert war. „BI-RADS 4“ stand da drauf. Ich googelte nachdem Wort und las, dass es sich um verändertes Gewebe handelt, dass mittels Biopsie abgeklärt werden sollte. Verdacht auf Brustkrebs? Ein Stich in die Magengrube. Nun gut. Erst mal tief durchatmen. Im Moment ist das Ergebnis noch offen.
Jetzt kam sie – die Angst vor Krebs
Ich vereinbarte mir einen Termin im Brustzentrum für die Biopsie. 1,5 Wochen später war es dann soweit. Im Wartezimmer musste ich eine Zeit lang warten. Ich nutzte die Zeit, um eine Atemübung zu machen, um mich zu beruhigen. Meine Gedanken kreisten immer wieder um das mögliche Ergebnis. Dann ging die Tür zum Untersuchungszimmer auf: „Frau Nußdorfer?!“, rief ein junger Arzt. Ich blickte auf und dachte mir: „Das gibt es jetzt nicht.“ Dieser Arzt, der da im Türbogen stand, war jener, der bei der Geburt meines Sohnes 7 Monate zuvor dabei war. Der nette Arzt schaute genau so blöd aus der Wäsche wie ich, als wir uns 7 Monate zuvor auf der Geburtenstation kennenlernten und nun hier im Brustzentrum abklären, ob es sich um Brustkrebs handelt oder nicht.
Nach einer Tastuntersuchung wurde anschließend eine Stanzbiopsie durchgeführt. Dabei wird Gewebe mit einer feinen Nadel aus der Brust entnommen. Nach einer örtlichen Betäubung wird eine Führungskanüle eingeführt. Anschließend wird mit einer Stanzpistole über diese Kanüle die eigentliche Stanznadel “abgeschossen.” Der Tumor wird mehrmals durchlöchert, um eine hohe Ausbeute an Zellmaterial zu erreichen. Das entnommene Gewebe wird anschließend histologisch untersucht.
Brustkrebs nach Abstillen – kann das echt wahr sein?
Ich konnte noch immer nicht ganz glauben, was da gerade in meinem Leben vor sich geht. Die letzten 2-3 Jahre waren kein Zuckerschlecken – mit den Auswirkungen der Coronakrise und unserer Kinderwunschreise – und jetzt das? Nun gut. Trübsal blasen bringt nichts. Es ist so wie es ist. Es gilt, das beste draus zu machen.
Im Kopf ging ich nochmal durch, dass ich im August 2022, als ich schwanger war, einen Brustultraschall gemacht habe und da noch gar nichts zu sehen war. Auch etwa 6 Wochen nach der Geburt, als ich zur Untersuchung bei meiner Frauenärztin war, tastete sie meine Brust ab und auch sie hatte nichts Ungewöhnliches festgestellt. Ja, und beim Stillen hatte ich immer wieder mal verhärtete Stellen. Das könnte schon gut möglich sein, dass sich hier was verhärtet hat. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Die Diagnose
Das Diagnosegespräch wurde 5 Tage später eingeplant. Die Tage zuvor war ich nervös. Immer wieder kreisten meine Gedanken um das Ergebnis. Ich bereitete mich mental auf diesen Termin vor. So wie ein Skirennfahrer, der seinen Streckenverlauf mit allen möglichen Gegebenheiten immer wieder visualisiert und für jede aufkommende Situation gewappnet ist. Ich visualisierte das positive Ergebnis – wie der Arzt mir mitteilt, dass es sich um einen gutartigen Knoten handelt und ich voller Freude meine Familie anrufe. Ich visualisierte jedoch auch das negative Ergebnis – wie der Arzt mir mitteilt, dass es sich um Brustkrebs handelt. Diese mentale Vorbereitung half mir, gefasst zu bleiben und gewappnet zu sein, für alles, was kommt.
Nach ein paar Tagen war es dann soweit. Das Diagnosegespräch stand an. Mein Mann begleitete mich zu dem Termin im Brustzentrum. Die Tür zum Untersuchungszimmer ging auf: „Frau Nußdorfer, bitte.“ Und wieder stand der Arzt, der bei meiner Geburt dabei war, im Türrahmen. Dieses Mal jedoch mit einem mitleidsvollem Blick. Ich kannte mich sofort aus. Dieser Gesichtsausdruck kann keine positive Nachricht überbringen. Wir traten ins Zimmer ein, setzten uns. Auf dem Tisch lag ein Notizzettel, wo mit einem Kuli die Buchstaben „TNBC“ aufgekritzelt waren. Ich blickte kurz darauf, dann wieder zum Arzt. „Frau Nußdorfer, ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden. Es tut mir leid, wir hätten gehofft, dass es anders ist. Aber: Sie haben Brustkrebs! Es handelt sich um triple-negativen Brustkrebs“.
Ein Stich in die Magengrube. Mein Blick verengte sich. Mein Herz begann zu klopfen. Ich blickte kurz rüber zu meinem Mann. Komplette Gesichtsentgleisung. Ich blickte wieder zurück zum Arzt. Ich war vorbereitet auf dieses Ergebnis. Die Diagnose Brustkrebs. Ich atmete tief durch und hörte gefasst und ruhig dem Arzt zu. Für alles andere gebe ich mir später Zeit und Raum….
Podcastfolge #001: Meine Brustkrebsreise Teil 1
Höre dir auch gerne meine 1. Podcastfolge dazu an, wo ich dir noch ausführlicher von der Diagnose erzähle.
Wie es weiterging und welche Schritte danach folgten, erfährst du in den Podcastfolgen #002 und #003:
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