Perfektionismus – Mehr Leichtigkeit statt Stress

Frauengesundheit, Persönlichkeitsentwicklung, Resilienz | 0 Kommentare

Der Preis der Perfektion

Die letzten 10-15 Jahre lief ich gefühlt durchgehend in einem Stresshamsterrad. Mein Tag war von morgens bis abends durchgeplant. Im Kopf war ich immer schon 10 Schritte voraus. 

Mein hoher Anspruch an mich selbst trieb mich dazu an, gut in der Schule zu sein, mein Studium mit guten Noten abzuschließen und erfolgreich in meinen Konzernjobs zu sein. Ich war immer bemüht, alle Aufgaben und Projekte möglichst detailgetreu und perfekt zu machen, was mir auch Lob und Anerkennung brachte. Das war für mich immer noch nicht gut genug.  Es ging immer noch besser..

Das war jahrelang mein Anspruch. Alles wurde – egal ob Arbeit oder Freizeit, durchgeplant und nichts dem Zufall überlassen. Das änderte sich schlagartig mit Corona, wo plötzlich nichts mehr planbar und vorhersehbar war:

  • die lange geplante Hochzeitsfeier musste verschoben und schlussendlich abgesagt werden 
  • auch die sehnsüchtig erwartete Hochzeitsreise nach Amerika konnten wir nicht antreten

Ich  war sauer auf das Leben, auf Corona, auf die ganze Welt. Warum passiert das gerade mir? Schwierig für einen Perfektionisten wie mich, plötzlich keine Kontrolle mehr zu haben und mich auf das Leben einzulassen, wie es kommt.

Das war der Anfang meiner persönlichen Weiterentwicklungsreise. Durch Selbstreflexion und Weiterbildungen erkannte ich einen roten Faden in all meinen Lebenserfahrungen und schlussendlich ein Geschenk in den Krisen, die ich erfuhr. Ich lade dich ein, mit mir auf diese Entdeckungsreise zu gehen. Doch eins nach dem anderen …

 

Perfekt und stark sein – Das Dilemma von Frauen

Schneller, besser, immer höher hinaus und dabei gleichzeitig belastbar bleiben und fehlerfrei agieren – das ist die Devise unserer Leistungsgesellschaft, in der wir im heutigen digitalen Zeitalter leben.

Schon als Kind hast du gelernt, dass du brav deine Hausaufgaben machen und gute Noten nach Hause bringen sollst – denn sonst bringst du es im Berufsleben mal nicht weit. Als Erwachsene hast du den Anspruch, einen guten Job zu haben, um genug Geld zu verdienen, damit du 

  • dir ein Eigenheim, Urlaube und schöne Annehmlichkeiten für die Familie leisten kannst.
  • deinen Kindern Freizeitaktivitäten ermöglichen kannst
  • Freunde treffen oder zum Sport gehen kannst und
  • ach ja, du wolltest dir ja noch Zeit für dich nehmen, die du aber nicht hast.

Um alles unter einen Hut zu bekommen und bestmöglich zu erledigen, hetzt du von einem Termin zum nächsten und versuchst 3 Dinge gleichzeitig zu erledigen. 

Nach außen hin wirkst du stark, verdrängst aufkommende Wehwehchen und versuchst alles vorbildhaft zu meistern. Du willst dich schließlich nichts falsch machen oder dich schämen oder zugeben, etwas nicht geschafft zu haben. Dieses Hamsterrad, in dem viele von uns seit Jahren laufen, führt zu Stress und in weiterer Folge zu körperlichen Beschwerden bis hin zu Krankheiten und Ängsten, nicht gut genug zu sein, ausgelacht oder abgelehnt zu werden.

Das Überleben wollen in einer Kultur des „Nicht-genug Seins“ – ist ein Schutzpanzer, den sich viele Frauen vor Jahren angezogen haben. Damit können verbunden sein:

  • negatives Denken, Depressionen und Ängste sowie ein geringes Selbstbewusstsein und Selbstwert
  • schlechtes Wohlbefinden bis hin zu stressbedingten körperlichen Beschwerden wie Rückenschmerzen , Kopfschmerzen, Zyklusstörungen oder Wechseljahresbeschwerden bis hin zu
  • Krankheiten, die von Stress begünstigt oder mitverursacht werden wie zum Beispiel Unfruchtbarkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs

 

Anzeichen für Perfektionismus
Gedanken von Perfektionisten

Perfektionismus – was dahinter steckt

Ein kleine Selbstreflexion für dich:

  • Wie geht es dir eigentlich gerade? Bist du ausgeglichen oder innerlich unruhig?
  • Hast du einen erholsamen Schlaf oder halten dich Gedanken nachts wach?
  • Fühlst du dich den Herausforderungen des Alltags gewachsen oder hast du Angst, tagtägliche Aufgaben nicht mehr zu schaffen und Erwartungen von anderen zu erfüllen?
  • Erledigst du alle Aufgaben möglichst präzise und bringst auf jeden Fall alles zu Ende, was du begonnen hast?
  • Kannst du Aufgaben delegieren oder erledigst du sie lieber selber?

Wenn du die Hälfte dieser Fragen mit einem „Ja“ beantworten kannst, dann kannst du von einer massiven Überforderung ausgehen – ausgelöst durch innere Unruhe und Getriebenheit, nicht „Nein“ sagen und dir Grenzen setzen zu können sowie das permanente Gefühl des Gestresst- seins.

 

Perfektionismus und Selbstwert

Unser geschäftiges Alltagsleben ist geprägt von Leistung, hoher Produktivität und  Computern als Vorbilder. Aussagen wie

  • „Wer rumsitzt, ist faul“,
  • „Erlaube dir bloß keinen Fehler.“ oder
  • „Ich muss alle Aufgaben heute noch erledigen“

kennzeichnen ein Denk- und Verhaltensmuster, dass sich viele von uns im Laufe der Jahre angeeignet haben und das uns in ständigem Stress und Überforderung gefangen hält. Um aus diesem Hamsterrad aussteigen zu können, musst du die Hintergründe erkennen und ganz bewusst neue Wege gehen.

 

Hör‘ gerne in die Podcastfolge 5 Wege aus dem Perfektionismus an:

 

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Weitere Informationen

„Perfektionismus ist selbstzerstörerisch, einfach weil es keine Perfektion gibt. Sie ist ein unerreichbares Ziel. Bei Perfektionismus geht es darum, wie wir wahrgenommen werden, als um unsere innere Motivation, und es gibt keine Möglichkeit, diese Wahrnehmung zu kontrollieren, ganz gleich, wie viel Zeit und Energie wir auf den Versuch auch verwenden mögen.

– Brené brown

Drang nach Perfektion

Perfektionismus ist die unendliche Jagd nach Vollkommenheit. Perfektionisten haben einen sehr hohen Anspruch an sich selbst und streben immer nach dem bestmöglichen Ergebnis. Dadurch sind sie oft sehr erfolgreich und erbringen außerordentliche Leistungen, besonders bei Tätigkeiten, die eine hohe Genauigkeit und Konzentration erfordern.

Darüber hinaus legen sich Perfektionisten die Latte immer ein Stück höher, was ihre ständige Weiterentwicklung fördert. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass sie sich keine Fehler erlauben und das erreichte Ergebnis nie gut genug ist. Dieser hohe Anspruch an sich selbst führt zu Frust und Stress und endet nicht selten im Burnout.

Weiters sehen Perfektionisten Fehler als persönliches Versagen an. Durch diese innere Einstellung vermindern sie ihren Selbstwert, der jedoch ein wichtiger Faktor für die psychische Gesundheit ist. Erkennst du dich wieder?

Hinter dem Perfektionismus steckt der innere Antreiber „Sei perfekt“. Wenn du inneren Antreibern nicht gerecht wirst, führt dies folglich zu Stress, je nachdem wie stark der Antreiber ausgeprägt ist. Lernst du einen resilienten Umgang mit dem inneren Antreiber, löst sich Stress auf und ermöglicht dir, mit dir selbst zufrieden zu sein.

 

Nichts dem Zufall überlassen – Kontrolle als Schutzstrategie

Zu Säbelzahntigers Zeiten war es essentiell, Anschluss an eine Gruppe zu haben, da wir sonst alleine nicht überlebt hätten. Um einer Gruppe anzugehören, bemühten wir uns, Eindruck zu hinterlassen und Fehler zu vermeiden. Daraus resultiert unser großes Bedürfnis nach Anerkennung.

Wenn du jedoch dein Verhalten danach ausrichtest, möglichst viel Anerkennung zu bekommen, läufst du Gefahr, dich zu überfordern. Wenn du zu den Menschen gehörst, die immer alles „im Griff“ haben wollen – die Figur, die Arbeit, den Haushalt usw., dann benötigst du ein hohes Maß an Kontrolle – du bist wahrscheinlich:

  • hochdiszipliniert
  • verfolgst gewisse Routinen
  • tust dir schwer, Aufgaben zu delegieren, da du anderen nicht vertrauen kannst.

Als so genannter „Kontrollfreak“ hast du Angst, anderen unterlegen zu sein und bist bestrebt, die Oberhand zu behalten, nicht nur anderen Menschen gegenüber sondern auch über dich selbst. Dieses perfektionistische Verhalten entfernt dich jedoch von deinen eigenen Bedürfnissen und Wünschen. Es ist daher wichtig, eine Balance zwischen Leistung und Entspannung zu finden.

 

 

Was ist Perfektionismus
Was ist Perfektionismus?

Schutz vor Abwertung, Scham und Kritik

Brené Brown schreibt in ihrem Buch „Verletzlichkeit macht stark“, dass Perfektionismus eine Abwehrstrategie ist. Perfektionisten glauben, den mit Scham, Bewertung oder Tadel verbundenen Schmerz vermeiden oder verringern zu können, wenn sie etwas perfekt machen oder aussehen. Durch perfektionistisches Verhalten wird jedoch keine Selbstverbesserung erreicht. Im Grunde geht es darum,

  • Bestätigung im Außen zu erhalten,
  • den Erwartungen anderer Menschen gerecht zu werden und
  • um die Angst, keine Fehler zu machen.

Dies entsteht meist schon in der Kindheit, wenn wir für unsere Leistungen gelobt werden. Überzeugungen wie „Ich werde danach bewertet, was ich leiste“ sind hier charakteristisch. Es geht dem Perfektionisten darum, was andere von ihm denken – daher ist Perfektionismus nach Außen gerichtet. Der Schlüssel zum Erfolg ist keineswegs Perfektionismus, denn er beeinträchtigt die Leistung und führt zu Depressionen, innerer Lähmung, Ängstlichkeit und Sucht.

 

Fazit: Perfektionismus führt zu Dauerstress und Überlastung

Der Preis der Perfektion liegt in einem andauernden Stress bzw. Überforderung, die dich körperlich und seelisch belastet und das Gleichgewicht zwischen Leistung und Selbstfürsorge zerstört. Der Drang zum Makellosen und die ständige Selbstoptimierung entsteht oft aus einem Bedürfnis nach Kontrolle und Anerkennung. Perfektionisten leben nach dem Prinzip, dass Fehler inakzeptabel sind und versuchen, durch Leistung Wertschätzung zu erlangen.

Dieser Anspruch kann jedoch Folgen für deine Gesundheit haben: Burnout, Angstzustände und gesundheitliche Probleme.

Durch Selbstreflexion und das Erlernen von Stressbewältigungsmethoden kann es gelingen, Stress abzubauen. Der Weg zu einem erfüllteren Leben voller Leichtigkeit und Zufriedenheit führt über das Loslassen des Perfektionismus, indem man sich selbst und seine Leistungen auch dann wertschätzt, wenn sie nicht fehlerfrei sind. 

 

Quellenangaben:

  • Brené Brown (2017): Verletzlichkeit macht stark
  • Maren Schneider (2012): Stressfrei durch Meditation
  • Mauritz, https://www.resilienz-akademie.com/perfektionismus/, dl. 05.08.2021
  • Stefanie Stahl (2017): Das Kind in dir muss Heimat finden. In drei Schritten zum starken Ich.

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Bettina Nußdorfer - Mindset Mentorin und Yogalehrerin für Frauen in der Mitte und Blüte des Lebens mit und nach Brustkrebs

Hey, ich bin Bettina und als Achtsamkeits- und Resilienztrainerin sowie Yogalehrerin für ganzheitliche Frauengesundheit unterstütze ich Frauen, aus dem Stresshamsterrad auszusteigen, um wieder zurück in ihre Balance und zu sich selbst zu finden – für ein achtsames, gesünderes und herzerfülltes Frausein.